
WIESO SINGEN SIE, BEZIEHUNGSWEISE WAS GIBT IHNEN DAS FÜR EIN GEFÜHL?
Singen ist für mich wie ein Grundbedürfnis. Das Gefühl ist etwa, wie wenn man viel Energie hat, fast zu viel Energie, die einfach „raus muss“. Danach bin ich erleichtert und fühle mich besser. Man könnte es vielleicht mit Sport vergleichen – nach dem Training fühlt sich der ganze Körper angenehmer an, der Rücken tut nicht mehr weh und der Kopf ist auch frischer.
WIE WÜRDEN SIE IHREN GESANG BESCHREIBEN?
Mein Gesang ist wie meine Persönlichkeit: Positiv und dynamisch. Ich habe eine sehr starke Stimme. Ich bin also keine Sopranistin, die unendliche Pianissimo-Phrasen singen kann, ich würde sagen, mein Piano ist eher ein Mezzoforte.
WELCHE BEDEUTUNG HAT IHRE UNGARISCHE HERKUNFT AUF IHRE MUSIKALITÄT?
Ich liebe ungarische Volksmusik. Es geht in den Liedern oft um die verlorene, unerfüllte Liebe, die unglücklich verheiratete Frau oder die Geheimnisse der schweren ungarischer Seele. Ich denke diese Melancholie kann man oft auf andere Werke in der Musikliteratur übertragen. Aber es gibt auch viel „giusto“ in der Volksmusik, mit fröhlicheren Geschichten wie zum Beispiel Trinklieder. Diese Fröhlichkeit muss man auch beherrschen können, um Gefühle richtig zum Ausdruck bringen zu können.

IN WELCHER MUSIK FÜHLEN SIE SICH ZUHAUSE UND WARUM?
Das kommt oft auf meine Stimmung und die Jahreszeit an. Im Winter finde ich Barock viel kongruenter für Konzerte, und im Sommer eher Romantik. Ich habe großen Respekt vor der Barockmusik, ich liebe die Werke unter anderem von Händel, Bach, Scarlatti. Ich bin glücklich, dass ich an der Uni unter der Leitung von Salamon Kamp Dirigenten, wahnsinnig viel Barockmusik singen durfte. Durch Bach lernt man Genauigkeit und Disziplin. Wenn man Barockmusik singt, darf man keine Sekunde unachtsam werden, jeder Ton und jeder Atemzug muss sitzen. Wenn man nicht die Takte mitzählt, geht man schnell verloren.
Eines meiner Vorbilder ist die wundervolle Cecilia Bartoli. Ihre Koloraturen sind wie perfekt getakteten Engelsglocken. Aber ich liebe Vielfalt und natürlich auch die Klassiker und Romantiker. Bei klassischen Liedern und Arien darf man sogar ein bisschen träumen. Ich liebe fast alle Werke von Mozart, die Lieder und Konzerte von Beethoven und Mendelssohn, die Klavierkonzerte von Tschaikowsky. Ich mag aber auch durchaus Gegenwartsmusik, Herzog Blaubarts Burg von Bartók, war eine Weile ständiger Begleiter meiner Tage. Ich hatte das Glück mit dem Mädchenchor viel Ligeti, Tillai und Kocsár singen zu dürfen. Atonalität fordert viel Konzentration, fördert das Gehör und verschafft Disziplin.
WENN SIE NUR NOCH EIN LIED HÖREN DÜRFTEN, WELCHES WÄRE DAS?
Das wäre Atemlos durch die Nacht von Helene Fischer. Haha, natürlich nicht. Das ist schwer zu sagen, ich denke, für ein Lied, beziehungsweise für eine Arie will ich mich nicht entscheiden. Aber ich denke „La Marcia trionfale“ (Der Triumpfmarch) aus dem II. Akt von Verdis Aida sollte man anhören, wenn man Motivation braucht, schlecht darauf ist oder einfach etwas Atemberaubendes hören will. Während der Prüfungsphase, wenn ich mal müde war vom Lernen, habe ich immer wieder Dvořáks 9. Symphonie, den 4. Satz Allegro con Fuoco angehört. Da konnte ich mir sicher sein, dass ich danach wieder wach war.

UND NOCH ZUM ABSCHLUSS ZWEI KURZE FRAGEN: WENN SIE SICH MIT DREI WÖRTERN BESCHREIBEN WÜRDEN, WELCHE WÄREN DAS?
- zuverlässig
- herzlich
- tollkühn
WAS SOLL SPÄTER MAL AUF IHREM GRABSTEIN STEHEN?
„She had fun.“